Zahnerkrankungen bei Heimtieren

Zahnerkrankungen bei Heimtieren
Unter dem Begriff „Heimtiere“ werden eine Vielzahl von Spezies zusammengefasst. Wir wollen uns auf die Meerschweinchen, Kaninchen, Ratten und Chinchillas beschränken.

Übrigens: Wussten Sie, dass die Kaninchen – im Gegensatz zu den Meerschweinchen – nicht zu den Nagetieren zählen? Sie besitzen nämlich vier Oberkieferschneidezähne, Nager dagegen nur zwei.
Das Gebiss der Kaninchen ist bereits in der dritten bis fünften Lebenswoche komplett.

Im Gegensatz zu Hunden und Katzen wachsen die Zähne der Heimtiere kontinuierlich und lebenslang! Die Zähne wachsen sehr schnell: pro Woche bei den Kaninchen 3 mm, bei den Meerschweinchen immerhin 1,5 mm. Sind die Tiere gesund, reibt sich die neu gebildete Zahnsubstanz ebenso gleichmäßig ab. Zahnwachstum und Zahnabrieb befinden sich bei einem gesunden Heimtier also im Gleichgewicht. Wird in der Sprechstunde ein Kaninchen, Meerschweinchen, ein Chinchilla oder eine Ratte vorgestellt, weil es krank ist, ist dieses Gleichgewicht fast immer gestört.
Die Tierbesitzer berichten häufig, dass ihr Tier viel kaut und dennoch abnimmt, oder dass es sehr langsam Futter zu sich nimmt oder das Futter ganz verweigert.

Zahnerkrankungen bei Heimtieren

Einige Tiere zeigen auch „nur“ einen verstärkten Speichelfluss und Nasenausfluss. In fortgeschrittenen, schon bedrohlichen Fällen fällt den Besitzern auf, dass der Kiefer geschwollen ist und/oder die Augen hervortreten.

Ursachen dieser Symptome sind meist überlange Schneidezähne, Haken an den Backenzähnen, sowie Verletzungen der Maulschleimhaut oder Kieferabszesse

In diesen Fällen müssen die Maulhöhle und die Zähne sorgfältig untersucht werden. Für eine genaue Untersuchung aller anderen Zähne und des Maules sind Hilfsmittel unbedingt notwendig, da die Kieferöffnung bei den Heimtieren sehr begrenzt ist. Nur die Schneidezähne können durch das Anheben der Lefzen gut beurteilt werden.

Zahnerkrankungen bei HeimtierenZahnerkrankungen bei Heimtieren

Als Hilfsmittel werden oft Otoskope eingesetzt. Allerdings sind diese dafür nur begrenzt verwendbar, da nicht alle Zahnflächen und Mundhöhlenareale untersucht werden können.

Gründlich untersuchen kann man nur mit Kieferspreizer und Wagenabhalter.

Zahnerkrankungen bei HeimtierenIn der Regel braucht das Tier keine Narkose dafür. Bei einem richtigen Handling tut es unserem Mucki nicht weh. Unter Zuhilfenahme von Zungenspatel und Tupfer können nun alle Zähne und die gesamte Schleimhaut auf krankhafte Veränderungen untersucht werden.

Röntgenaufnahmen des Schädels sind unerlässlich zur Befundung der Zahnwurzeln und der Kieferknochen, z. B. bei Abszessen.

Möglich Ursachen der Zahnfehlstellungen

  1. Genetisch bedingten Kieferfehlstellungen
  2. Mangel an Vitamin C, Kalzium und Magnesium
  3. Unausgewogenes Futter

Die Annahme, die Zähne wetzen sich alleine beim Knabbern an Knabberstangen oder trockenem Brot hinreichend ab ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Der Zahnabrieb erfolgt alleine durch das Reiben der Zähne aneinander! Im Zerreiben von Futter besteht die Hauptbeschäftigung vieler Heimtiere. Ein Mindest-Rohfasergehalt von etwa 15% wird empfohlen. Dazu gehört Heu in unbegrenzter Menge und ebenso Gaben von Gras und Stroh. Die hauptsächliche Gabe von Pellets, Drops, Körnern und Knabberstangen gehören auf keinen Fall zu einer ausgewogenen Ernährung. Dieses Futter muss nicht großartig zermahlen werden, so dass die Kauaktivität drastisch eingeschränkt wird. Dass kann zu Zahnfehlstellungen und zu Übergewicht führen.

Einige Zahnfehlstellungen

Die Brückenbildung der Unterkieferzahnreihen kann zu einem vollständigen Überwachsen der Zunge führen. Dadurch wird der Kau- und Schluckakt behindert.

Zahnkanten führen oft zu sehr schmerzhaften Verletzungen des Weichteilgewebes.

Das Treppengebiss ist durch deutliche Stufenbildung der Seitenzähne gekennzeichnet. Die Folgen sind ein Unvermögen des Zerreibens von Futter.

Zahnerkrankungen bei HeimtierenVerlängerte und/oder schiefe Schneidezähne können die Lefzen verletzen und schlimmstenfalls in den Gaumen einwachsen.

Therapeutische Maßnahmen

  1. Futterprophylaxe (s. o.)
  2. Kürzen der Schneidezähne
    Sicher und schonender ist das Kürzen mit einem Diamantschleifer oder mit einer zahnärztlichen (!) Trennscheibe. Dieses gelingt in den meisten Fällen ohne Narkose. Das Abkneifen mit der Zange ist generell auch möglich, birgt aber immer die Gefahr einer Zersplitterung der Zähne mit nachfolgenden Verletzungen des Zahnapparates in sich.
  3. Korrektur der Seitenzähne
    Die sicherste Methode ist das Beschleifen der Seitenzähne in Narkose mit einem Diamantschleifer oder einer Fräse (Zahnbohreinheit). Ein Kürzen mit Handinstrumenten, z. B. einer diamantierten Feile oder einer Zahnkürzungszange sollte nur bei sehr geringen Zahnkanten vorgenommen werden. Ansonsten kann es zu Frakturen der Zähne und zu Verletzungen des Weichteilgewebes kommen.
  4. Zahnfüllungen
    Bei frischen Zahnfrakturen kann eine Füllung vorgenommen werden. So besteht die Chance, den verletzten Zahn zu erhalten.
  5. Extraktion
    Bei älteren Zahnfrakturen kommt nur das Ziehen des Zahnes in Frage.

Hat Ihr Heimtier einmal eine Zahnfehlstellung, ist meistens eine ständige tierärztliche Behandlung nötig. Umso mehr sollten Sie auf eine artgerechte Ernährung und Haltung achten.

Zahnerkrankungen bei Heimtieren

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude mit Ihrem nagenden Heimtier.

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